Das gute alte Seilspringen erlebt eine Renaissance. Heute heißt es meist Rope Skipping und kann, Talent vorausgesetzt, durchaus akrobatische Züge annehmen. Auf jeden Fall aber fördert es fast immer Fitness und Gesundheit.
Schon in den simplen Grundvarianten kannst du mit Seilspringen bestens an deiner Form arbeiten. Weniger geeignet ist das Training für alle, die längere Zeit keinen Sport getrieben hat, stark übergewichtig sind und unter Gelenkproblemen leiden. Für alle anderen ist es ein Workout, das den Körper oben, unten, rechts und links in Schwung bringt.
Große Bandbreite
Eingebunden sind insbesondere Oberkörper, Arme, Oberschenkel, Beine und Waden: Rope Skipping ist also ein echtes Ganzkörper-Training. Es fördert vordergründig Kondition und Koordination, Schnelligkeit, Sprungkraft und den Gleichgewichtssinn. Es ist auch gut fürs Rhythmusgefühl, speziell wenn im Einklang mit Musik gesprungen wird. Insgesamt werden deine motorischen Fähigkeiten verbessert und auch das Gehirn wird durch die Ablaufsteuerung angesprochen.
Am Anfang steht die Qual der Wahl
Um überhaupt beginnen zu können, musst du dir über die Art des deine Trainingsziele am besten unterstützenden Seiles im Klaren sein. Gängig sind Hanf- und Lederseile, Speed- und Beaded Ropes. Das klassische Seil aus Hanf gilt als Universallösung für weniger Ambitionierte und ist in der Anschaffung am günstigsten. Speed Ropes sind aus Kunststoff oder kunststoffummanteltem Stahl. Sie lassen – nomen est omen – eine recht hohe Geschwindigkeit zu. Lederseile sind ebenfalls speedy, weisen aber ein höheres Eigengewicht auf und erfordern somit mehr Kraft – top fürs Konditionstraining. Bei Beaded Ropes sind auf einer Nylonschnur kleine Hülsen aufgereiht, der Aufbau ähnelt damit dem einer Perlenkette. Mit dem schweren Tool kannst du sehr langsam springen, es fällt nicht über deinem Kopf zusammen und ermöglicht akkurate Durchführungen. Beaded Ropes empfehlen sich, wenn der Schwerpunkt auf Koordination liegt. Nun zur Maßfrage. Bei den meisten Produkten ist die Länge durch Kürzen einstellbar. Als Richtwert gilt: Körpergröße plus 91,5 Zentimeter. Bist du unter 1,68 Meter groß, reduziert sich der zu addierende Wert auf 85,5 Zentimeter. Es geht auch ohne Mathematik. Stell dich mit den Füßen mittig aufs Seil und ziehe es im rechten Winkel nach oben. Berühren die Seil- beziehungsweise Griffenden deine Achseln, hast du das richtige Maß gefunden.
Verletzungsrisiken minimieren
Trage feste Schuhe, am besten mit Vorfußdämpfung und wähle einen federnden Untergrund, wie ihn etwa Teppiche, Matten, Rasenflächen oder Hallenböden bieten. Wärme dich vor dem Training auf. Das muss nichts Großes sein. Ein paar Mal auf den Zehenspitzen gehen und die Arme vor- und zurückkreisen reicht meist. Achte darauf, dass die Bewegung aus den Handgelenken kommt, halte Schultern und Unterarme still. Springe – Spezialübungen ausgenommen – mit den Fußballen ab und setze bei Bodenkontakt die Fersen nicht ganz ab. Du solltest die Beine etwas angewinkelt lassen und musst auch gar nicht hoch springen.
Wie viele Kalorien werden verbrannt?
Der Kalorienverbrauch beim Sport hängt von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht, Ausführungsgeschwindigkeit und -schwere ab. Um dennoch möglichst genau zu liegen, haben Wissenschaftler die Maßeinheit MET (Metabolisches Äquivalent) entwickelt, die Auskunft über die Intensität von sämtlichen Bewegungen eines Workouts geben kann. Der MET-Wert beim Rope Skipping mit mittlerer Intensität beträgt 11,8 – was im Vergleich zu vielen anderen Sportarten sehr hoch ist. Die MET-Formel bei Frauen lautet: MET x 3,15 x Körpergewicht in Kilogramm / 200 = Kalorienverbrauch pro Minute. Der Wert „3,15“ steht für den angenommen minütlichen Sauerstoffverbrauch. Für eine Frau mit 70 Kilogramm Körpergewicht ergibt sich nach dieser Formel ein beachtlicher Verbrauch von 780 Kilokalorien (kcal) pro Stunde. Seilspringen ist damit deutlich effektiver als intensives Jogging, aber auch schwerer durchzuhalten. Eine Stunde Rope Skipping ist schon ein anderer Schnack, als sich in der gleichen Zeit flott durch die Natur zu bewegen. Realistisch ist eine Workout-Länge von 30 Minuten.
Das Aufbauprogramm
Anfängerinnen starten idealerweise mit einfachen Springen auf der Stelle oder Seillaufen, bei dem du dich abwechselnd mit dem rechten und linken Fuß über das Seil bewegt wird. Mit dieser Methode werden übrigens auch die Weltrekorde erzielt. Wenn du deutlich über 100 Sprünge in 30 Sekunden schaffst, bist du eine Kandidatin für die Siegerlisten. Bis es eventuell soweit ist, solltest du die einfachen Sprünge in längerer Abfolge fehlerfrei beherrschen bevor die Frequenz erhöht wird. Erst danach neue Sprünge erlernen. Bei Anfängern reicht es aus, ein- bis dreimal pro Woche zehn Minuten zu trainieren, wobei durchaus kleinere Pausen eingelegt werden können. Fortgeschrittene können 30-Minuten-Workouts an zwei bis vier Tagen pro Woche durchführen.
Das Fortgeschrittenenprogramm
Das Üben gewinnt deutlich an Effektivität, wenn du die Schnelligkeit variierst und verschiedene Sprungfolgen und -formen integrierst. Als erfahrene Seilspringerin kannst du dich unter anderem an folgenden Varianten versuchen (am besten mal bei YouTube anschauen):
- Jumps einbeinig – mit einem Bein springen, das Knie des anderen anwinkeln, dann wechseln.
- Double Under – das Seil zweimal pro Sprung unter den Füßen durchziehen.
- Criss Cross: die Arme kreuzen, bevor das Seil unter den Füßen durchschwingt.
- Jumping Jacks: Bei jedem zweiten Sprung die Beine seitlich öffnen.
- Heel Taps: die Füße pendeln mit Fersenlandung abwechselnd nach vorne und hinten.
Vielseitige Anwendungen
Seilspringen ist natürlich nicht nur als Voll-Workout oder gar alleinige Fitnessroutine geeignet. Du kannst es auch als Aufwärmeinheit oder als willkommene Abwechslung zwischendurch nutzen. Auch die Kombination mit Bodyweight Exercises bietet sich an. Ein zehnminütiges Workout könnte dann beispielsweise so aussehen: Eine Minute Seilspringen – 45 Sekunden Unterarmliegestützen – eine Minute Seilspringen – 90 Sekunden Kniebeugen – eine Minute Seilspringen – 30 Sekunden Liegestützen – eine Minute Seilspringen – 90 Sekunden Ausfallschritte – eine Minute Seilspringen – 45 Sekunden Unterarmliegestützen.
Wofür auch immer du dich entscheidest: Seilspringen soll Freude und Fitness bringen – finde deine eigenes Maß und viel Erfolg beim Abheben.
Abbildung: Dean Drobot / shutterstock.com
Quelle: shape UP Ladies 4/2022